02. November 2025 (Ziel bei Kilometer 328 – Whananaki)
Was für ein Tag! Jetzt, da ich in meinem Zelt liege und die Füße hochlege, merke ich erst, wie schwer meine Beine sind. Aber der Tag war es wert.
Der Start heute Morgen war einfach herrlich. Schon auf dem ersten Stück konnte ich das Meer sehen und hören – dieses beruhigende Rauschen, das sofort gute Laune macht.
Dann ging es auf den Helena Ridge Track. Zuerst schlängelte sich der schmale Pfad durch den Wald, über all die Wurzeln, die den Weg so uneben machen. Und dann begannen die Stufen. Unzählige angelegte Stufen führten steil hinauf – Schutz der Landschaft vor Erosion und Hilfe für die Wanderer im ansonsten rutschig-gefährlichen Steilgelände. Immerhin gab es zwischendurch immer wieder einen tollen Ausblick auf das Meer. Der Pfad, von Gras gesäumt, und die Stufen wollten nicht aufhören. Es fühlte sich an, als würde es endlos bergauf gehen.
Ich habe die Ruhe im Wald so genossen. Nur ich und der Wind, der die Bäume bewegte und dieses leise, knarrende und quietschende Geräusch erzeugte. Ein wunderschönes Gefühl, so ganz alleine unterwegs zu sein.
Der Wald war wirklich anstrengend, aber dennoch wunderschön. Nach gut zwei Stunden war ich froh, draußen zu sein und wieder durch Farmland zu laufen. Da wusste ich noch nicht so genau, was folgen würde.
Ich beobachtete, wie Rinder verladen wurden. Wahrscheinlich wurden sie zum Schlachten gefahren. Sehen wollte ich das nicht, ich als Pflanzenfresserin.
Danach kam dann der lange der Marsch über die Straßen. Zuerst sechs Kilometer Schotterstraße und dann weitere vierzehn Kilometer auf der normalen Straße. Ein zähes Stück, das die Füße ordentlich gefordert hat.
Aber ich hatte ein Ziel, das mir Kraft gab: Ich konnte das Meer förmlich riechen und wusste, dass die Campsite bei Whananaki nah war. Meine Belohnung für diesen langen Tag stand schon fest.
Ich war überglücklich, als ich endlich ankam und mir Fish and Chips bestellte! Darauf hatte ich mich den ganzen Tag gefreut, es war so ein Motivator, diese Vorstellung von knusprigem Fisch und Pommes. Und es war super lecker!
Danach war der Zeltaufbau kurzzeitig Nebensache. Nur noch schnell zum Ufer, um die lange Brücke über den Meeresarm für morgen zu inspizieren. Das war's dann für heute.
Letzte Nacht hat Dan, der Amerikaner, wirklich wahnsinnig geschnarcht. Ich hoffe sehr, mein Zelt steht heute in sicherer und schallgedämpfter Entfernung!
Jetzt krieche ich in meinen Schlafsack. Die Füße und Beine fühlen sich ganz schön schwer an. Ich hoffe, heute Nacht werde ich zur Abwechslung einen ruhigen Schlaf bekommen. Gute Nacht, Te Araroa!
4. November 2025 Mackerel Forest Track auf dem Te Araroa
Die heutige Etappe auf dem Te Araroa begann mit dem idyllischen Mackerel Forest Track, ein willkommenes Kontrastprogramm zur vorangegangenen Schotterpiste. Der Pfad führte durch einen großartigen, taufeuchten Wald auf einem mit Gras bewachsenen Untergrund.
Schon bald standen die ersten nassen Füße an: Es galt, gleich zwei kleine, knöcheltiefe Bäche zu durchqueren. Diese kleinen Flüsschen schlängelten sich anschließend malerisch neben dem Weg entlang.
Bald danach öffnete sich der Wald und ich wurde von einer üppigen Vegetation empfangen. Riesige Gräser säumten den Pfad und eine beeindruckende Blumenvielfalt umgab mich. An vielen Abschnitten wuchsen Callas und auch Kapuzinerkresse breitete sich überall aus. Neben dem gelben Hahnenfuß machten sich die orangefarbenen Blüten supergut zu dem Grün.
Nachdem der Wald in ein helles, offenes Gelände überging, endete leider der wunderbare Track schließlich und führte zurück auf die Straße.
Der Abschnitt auf der Straße war zwar lang (auf der Nordinsel gibt es zahlreiche Strassenabschnitte, weil viele Landbesitzer einen Wegverlauf über ihren Grund nicht erlauben), wurde aber durch das plötzliche Herauskommen der Sonne und wiederkehrende Ausblicke aufs Meer verschönert. Unterwegs sorgte eine Begegnung der besonderen Art für Abwechslung: eine spontane Wettkampf-Situation mit drei Bauarbeitern, die ihre Hütchen, Schilder und Ampeln einpackten und ich sie dabei immer wieder einholte. Zeitweise war ich sogar vor ihnen, so schnell ich bin.
Langsam näherte ich mich wieder dem Wasser. Ein sicheres Zeichen dafür sind die Mangroven, die auf beiden Seiten der Straße wuchsen. Was mich wirklich fasziniert ist die vielfältige Vogelwelt, insbesondere die Schopfwachteln und die ständig präsenten Eisvögel, aber auch viele andere, deren Namen ich nicht mehr kenne.
Zum Lunch gibt es heute mal Spinatwraps mit scharfer Mayo und Käse…es gibt Schlimmeres!
Der Tag fand seinen perfekten Abschluss an einem wunderbar ruhigen Camp, das wie auf einer Schatzinsel oberhalb des Meeres liegt. Zum Wasser ist es nicht weit. Die Stille des Ortes, untermalt vom Rauschen des Meeres und den Vögeln – hier könnte ich bleiben!
Zum Abendessen gab es noch einmal japanische Nudelsuppe mit Kartoffelpüree und Thunfisch, mit dem Vorsatz, beim nächsten Einkauf für mehr Abwechslung in der Outdoor-Küche zu sorgen.
05. November 2025: Patana North nach Whangarei Heads
Wieder einmal eine kurze Nacht – es will mir nicht gelingen,den Tiefschlaf in die zweite Hälfte der Nacht hinüber zu retten. Aber das wird noch! Auch hatte das stetige Rauschen des Meeres eine angenehm beruhigende Wirkung. Als ich morgens aus dem Zelt schlüpfte, lag noch ein dichter Nebel über der Küste. Das ich dennoch den Weg hinunter zum Strand fand, wurde mit einem herrlich mystischen Moment belohnt, als der Nebel an der Steilküste langsam aufstieg und dem morgendlichen Sonnenlicht Platz machte.
Der Strand gehörte mir allein, abgesehen von ein paar Möwen, zwei eleganten Austernfischern und einer gestrandeten Qualle. Beim Anblick des winzigen Berges neben meinem Zeltplatz fühlte ich mich wirklich wie auf einer Schatzinsel. Als ich zurückkam, wurde ich von Pekukos und Schopfwachteln empfangen, die munter um mein Zelt herumrannten – ein herzerwärmender Empfang!
Meine geplante Abmarschzeit musste ich wegen der Flut verschieben, da der Weg ein Stück am Strand entlangführt. (Auf der Ostseite der Nordlands ist bei Ebbe der Strand stellenweise sehr breit, doch bei Ebbe kann es an vorspringenden Felsnasen zu eng werden). Ich war voller wieder Vorfreude und gespannt, ob ich die in der Trail App angekündigten Rochen im Sand entdecken würde.
Um 10:30 Uhr machten wir uns mit den anderen auf den Weg, kamen aber nicht weit. Das Wasser war immer noch zu hoch. Wir mussten warten. Zum Glück zog uns der Besitzer des angrenzenden Grundstücks eine der Sitzgelegenheit in den Schatten und so wurde es ein angenehmer Vormittag. Ich habe mich etwas abseits auf die Felsen gesetzt und einfach das Wasser, die Sonne und die Stille genossen.
Wir mussten tatsächlich bis 12:30 Uhr ausharren, bevor wir weiterziehen konnten. Das Wasser war einfach zu hartnäckig. Endlich ging es los, am Strand entlang und dann hinein in den Mangrovenmatsch. Zuerst war das Wasser nur knöcheltief. Leider habe ich keinen einzigen Rochen gesehen – schade! Das letzte Stück ging es dann durchs Wasser, das mir aber nur bis leicht übers Knie reichte. Meine Hose blieb trocken!
Der Kampf durch die Mangroven war eine eigene Herausforderung. Obenauf ist der Schlamm gräulich-bräunlich, aber sobald man hineintrat, wurde er tiefschwarz – und Fäulnisgeruch machte sich breit. Als wir auf der anderen Seite ankamen, erwartete uns Ken, der Neuseeländer, mit Süßigkeiten. Ein willkommener Zuckerschub für den steilen Anstieg, der uns bevorstand! Meine Schuhe waren schwarze Klumpen an meinen Füßen, unglaublich schwer, als wir die Wiese hinaufstapften. Beim steilen Anstieg waren sie noch schwerer, ganz zu schweigen von dem Gestank!
Oben angekommen wurde ich mit einem atemberaubenden Blick auf den Strand belohnt. Genau dorthin ging es als Nächstes, denn am Ende des Strandes sollte unser Camp für heute Abend sein. Ich freute mich schon darauf, es bald geschafft zu haben und am Strand abhängen zu können. Wieder ein ganz fantastischer Tag – und das Beste: Er war noch nicht zu Ende, denn wir waren schon recht weit gekommen heute.
Es war dann allerdings doch noch etwas weiter als gedacht, aber nun steht mein Zelt wunderschön auf der grünen Wiese mit Kapuzinerkresse im Hintergrund. Mit meinen stinkenden Socken und Schuhen bin ich gleich nochmal zum Strand gegangen und habe alles ausgewaschen. Jetzt stehen sie schön schräg da und trocknen hoffentlich!
Zum Abschluss haben wir noch von einem Pärchen aus dem letzten Camp ein paar Dosen mit irgendeinem Getränk bekommen. Ein Bierchen wäre mir zwar lieber gewesen, aber ich bin trotzdem dankbar für die nette Geste und den gelungenen Tag.
06. November – Uretiti Camp
Die Müdigkeit sitzt mir nach der heutigen Wanderung in den Knochen, aber das laute Rauschen des Pazifiks, das nun direkt hinter den Dünen des Uretiti Camps zu hören ist, ist die perfekte Geräuschkulisse für diesen Rückblick. Was für ein Tag der Kontraste, zwischen steilen Anstiegen und endlosen Stränden, zwischen brennendem Asphalt und überwältigender Freundlichkeit.
Der Morgen startete friedlich nach einer fast durchgeschlafenen Nacht, wenn auch noch etwas verhangen. Doch aus dieser zunächst noch ruhigen Wetterlage wurde auf den ersten vier Kilometer ein steter, schweißtreibender Marsch durch den luftfeuchten Wald, der uns die ersten Höhenmeter abverlangte. Kaum waren diese geschafft, wartete der nächste Brocken, der berühmte Schmugglerpfad. Er ist körperlich ebenso fordernd – gefühlt ging es auch hier nur bergauf, um kurz darauf noch steiler bergab zu gehen – doch er bot mir die spektakulärsten Aussichten des Tages.
Die Aufstiege lohnten sich trotz des Schwitzens und Strauchelns ab und an allemal: der Blick auf die Strände und die sich windende Küstenlinie wurde mit jedem Aussichtspunkt überwältigender. Ich hätte alle paar Meter stehen bleiben können, um die Szenerie festzuhalten. In diesen Momenten kehrte das vertraute Gefühl meiner Zeit auf den Schiffen zurück: der weite Horizont, die kleinen Inseln in der Ferne, die Boote auf dem Wasser. Nur, dass ich heute nicht an ihnen vorbeigefahren bin, sondern, ja, vorbeilief. Sozusagen nicht Crewmitglied, sondern ein Wanderer im Angesicht der maritimen Unendlichkeit.
Wieder unten angekommen, nach gefühlten tausend Stufen, die die Knie gehörig beansprucht hatten, gab es eine kurze, wohlverdiente Pause am Strand – endlich war diese Plackerei vorbei! Ich hätte ewig bleiben und Muscheln sammeln können – aber da sie nicht mit nach Hause dürfen, musste ich sie schweren Herzens dem Sand überlassen.
Die nächste Etappe war ein Kampf gegen die Uhr und die Elemente: sieben anstrengende Kilometer bis zur Anlegestelle des Wassertaxis. Wer sagt, dass der Te Araroa nur Natur bedeutet, kennt die langen Straßenabschnitte nicht. Die Sonne brannte unerbittlich, und der aufgeheizte Asphalt strahlte die Hitze zurück. Ohne Straße wäre es wohl nicht das echte Neuseeland, aber ich hätte heute liebend gerne darauf verzichtet.
Drei Stunden Wartezeit waren eingeplant, aber wir hatten Glück: Blair, der Wassertaxibesitzer, kam mit seinem Traktor und Boot früher an. Gerade hatte ich mein Zelt zum Trocknen ausgebreitet, da hieß es schon wieder einpacken Ich beeilte mich und war dann bereit für die zweite Fährüberfahrt auf diesen ersten 450 Kilometern. Auf der anderen Seite angekommen, war der Frachthafen kein schöner Anblick, weshalb wir schnell weiter ging – allerdings mit einem kurzen Halt, um am Ausgang etwas Kühles zu trinken.
Die wahre Wohltat des Tages war jedoch die menschliche Freundlichkeit. Zu viert wollten wir zum Supermarkt, doch die nette Dame aus dem Imbisswagen hatte nur drei freie Plätze in ihrem Auto. Es dauerte aber nicht lange, bis sie Feierabend hatte. Wir stellten uns also zu zweit an den Highway und hielten den Daumen raus. Und wen traf ich? Dieselbe Imbissverkäuferin! Sie hatte doch noch Platz für uns alle gemacht und setzte uns direkt am Supermarkt ab – eine wunderbare Geste, die den Tag rettete.
Nach dem Einkauf trennte uns nur noch eine kurze Strecke vom Camp, größtenteils ein Traumstück entlang des Strandes. Endlos lang und fast menschenleer. Wieder Muscheln, wieder die unaufhörliche Sehnsucht, sie mitzunehmen nach Deutschland. Sogar ein unversehrter Sanddollar fand ich. Unweigerlich musste ich an Carmen denken; wir beide hätten hier von morgens bis abends gesammelt, davon bin ich überzeugt. Höhepunkt war die Durchquerung eines kleinen Flusses am Strand. So viele Austernfischern an einem Ort habe ich noch nie zuvor erlebt – einfach zauberhaft.
Jetzt bin ich im Uretiti Camp, geschützt hinter den Dünen. Die Sonne hat die Wiese leider schon verlassen, aber das laute Rauschen des Meeres ist der beste Trost. Mir reicht es für heute. Ich krieche gleich in meinen Schlafsack und freue mich auf die kommenden Tage, die laut Plan etwas einfacher und kürzer werden sollen. Gute Nacht!
Ah, da fällt mir noch ein Höhepunkt ein: nach dem ersten Anstieg heute Morgen ging es noch hoch auf einen Felsen mit fantastischem Rundumblick. Schade, dass man diese besonders beeindruckenden Momente nur richtig begreifen kann, wenn man….selbst dort war.
Was mir dabei auffällt: Ohne meine Notizen würden die ersten Tage auf dem 90-Mile-Beach schon verblasst sein. Wie wird das erst in drei Monaten sein….es ist gut, sich diese Erlebnisse aufzuschreiben, um sie nach dem ganzen Abenteuer nochmals in der Erinnerung durchleben zu können.
7. November 2025 zum Waorahi Camp
Was für ein Tag auf dem Trail! Der Morgen begann am Ureteti Camp, das ich bereits gestern Abend in mein Herz geschlossen hatte, besonders wegen des direkten Strandzugangs. Fast wäre ich heute Morgen zu faul gewesen, den Weg zum Strand für den Sonnenaufgang auf mich zu nehmen. Aber wie gut, dass ich mich doch noch aufgerafft habe! Die Sonne ging spektakulär auf, mit den Wolken und Inseln im Hintergrund – das Runterlaufen hat sich definitiv gelohnt.
Danach bin ich heute früh gestartet, schon bevor die Sonne ihre volle Kraft hatte.
Zunächst führte mich der Weg über den Strand der Bream Bay. Er zieht sich gefühlt endlos lang und war dabei fast menschenleer. Ich kann mir gut vorstellen, dass das in der Hochsaison ganz anders aussieht.
Danach ging es weiter Richtung Waipu. Obwohl der Weg (wieder einmal) an der Straße entlangführte, war es angenehm zu laufen. Zum Glück gab es neben der Straße einen mit Schotter und Splitt angelegten Rad- und Fußgängerweg. Das machte das Wandern nicht nur angenehmer, sondern auch sicherer.
In meinem Kopf hatte ich schon die ganze Zeit eine Pie mit Spinat und Käse – die sollte es beim Bäcker geben. Und tatsächlich, ich bekam sie! Lecker, lecker!
Unterwegs lag wieder ein Friedhof (eine heimliche Leidenschaft von mir: Friedhöfe) mit Blick aufs Meer auf meinem Weg. Die alten, schön aufgereihten Gräber erzählten stumme Geschichten. Ein stiller, aussichtsreicher Ort, an dem ich mir vorstellen könnte, auch selbst irgendwann für immer zu ruhen.
Dann kam der Abzweig und es begann, langsam nach oben zu gehen. Ich hatte die Höhenmeter zwar heute Morgen in der FarOut App schon kurz gesehen, aber nicht weiter darüber nachgedacht – so mache ich das am liebsten. Auf dem Weg lagen riesige Grundstücke und Häuser mit Meerblick – schön gelegen und dennoch viele angeboten zum Verkauf.
Nach einer kurzen Pause ging es weiter. Die Straße stieg human stetig in Serpentinen an. Auf der Küstenseite wehte immer ein leichtes Windchen, eine willkommene Abkühlung bei den Temperaturen. Irgendwann hörte der Asphalt auf und ging in Schotter über. Der Blick aufs Meer und die weit hinter mir liegende Bucht mit ihren Stränden und Bergen war überwältigend. Das Beste daran: Ich bin genau diese schöne Strecke gelaufen!
Vom Schotter bog ich schließlich auf einen schattigen Waldweg ab, ein willkommener Schutz vor der direkt über mir stehenden Sonne. Der Weg schlängelte sich schön durch die Bäume, wurde schmaler und es gab ständig knackige Anstiege. Bei jedem dachte ich, jetzt kommt das Waorahi Camp, aber es hat sich dann doch noch hingezogen! Die letzten 3 km waren nochmal richtig anstrengend.
Der Te Araroa weicht auf diesem Stück immer wieder einmal von der Küstenline ab, weil dort die felsigen Ausläufer der kleinen Gebirgszüge ein Durchkommen unmöglich machen. Dafür geht es auf solchen Etappen dann durchaus vier, fünf Mal an einem Tag steil bergauf und bergab.
Aber die Mühe hat sich gelohnt! Schon um 14:30 Uhr waren wir im Waorahi Camp. Es ist traumhaft gelegen: eine riesige, gewölbte Wiese mit Blick auf die Küste. Es gibt sogar eine überdachte Holzterrasse mit Sitzgelegenheiten. Wasser und Toilette sind vorhanden – mehr brauche ich nicht.
Wir sind bisher auch nur zu viert, was die Ruhe hier nur noch verstärkt. Außer Vögeln ist nichts zu hören – einfach wunderbar!
Heute Abend gab es Couscous mit Tomate und Thunfisch. Mir geht es richtig gut.
Die Sonne scheint noch, und ich bin gespannt auf den Sonnenuntergang. Eben konnte ich noch die Berge auf der anderen Seite sehen, aber jetzt verschwinden sie langsam in einer langen, weißen Wolke... Aotearoa – Land der langen, weißen Wolke - halt. Es ist phänomenal, wie sich die Wolke über die Bucht schiebt.
Wieder ein großartiger Tag auf dem Te Araroa und ich bin glücklich!
Die Strecke von Kaitaia nach Whangaparaoa ist ein langer und abwechslungsreicher Abschnitt des Te Araroa Trails auf der Nordinsel Neuseelands, der Wandernde durch einige der anspruchsvollsten Waldgebiete der Nordinsel sowie entlang malerischer Küsten- und Farmregionen führt. Die Route ist bekannt für ihre körperlichen Herausforderungen, insbesondere in den Waldabschnitten, und erfordert eine sorgfältige logistische Planung. Die Waldpassage: Kaitaia bis Kerikeri Der Weg beginnt kurz nach Kaitaia, einer wichtigen Versorgungsstadt nach dem Ninety Mile Beach, zunächst mit Passagen auf Farmwegen und Straßen, bevor er in das Herz der nordländischen Wälder eintaucht. Der Raetea Forest ist dabei der berüchtigtste Abschnitt. Dieser Waldpfad ist technisch sehr anspruchsvoll, oft steil und selbst in trockenen Perioden aufgrund von häufigen Rutschen und umgestürzten Bäumen nur schwer passierbar; nach starkem Regen wird der Weg extrem schlammig, was die Gehzeit erheblich verlängert. Wandernde berichten von zermürbenden 12- bis 15-Stunden-Tagen für die etwa 18 Kilometer lange Strecke. Die Route führt über den Mangamuka Saddle und hohe Gipfel, wobei die Anstrengung durch gelegentliche, atemberaubende Ausblicke auf das Umland und das ferne Meer belohnt wird. Nach dem Raetea folgen die Ōmahuta und Puketī Forests, die ein ähnliches, wenn auch oft etwas weniger extremes Walderlebnis bieten. Diese Wälder sind die Heimat der majestätischen Kauri-Bäume. Der Schutz der Kauri-Bäume vor der sogenannten Kauri-Sterbe-Krankheit (verursacht durch den Pilz Phytophthora agathidicida) ist hier allgegenwärtig und Wandernde sind verpflichtet, spezielle Desinfektionsstationen für Schuhe und Ausrüstung zu nutzen und auf den ausgewiesenen Wegen zu bleiben. Die Überquerung von Flüssen wie dem Waipapa River kann je nach Wasserstand eine Herausforderung darstellen, weshalb offizielle Umgehungen (Bypässe) über Forststraßen existieren. Die Passage durch die Wälder endet in der größeren Stadt Kerikeri, die eine wichtige Gelegenheit zur Erholung und Wiederauffüllung der Vorräre bietet. Küste, Farm und Übergang: Kerikeri bis Whananaki Von Kerikeri aus führt der Trail durch ländliche Gebiete, Forstplantagen und erste küstennahe Abschnitte. Der Weg durch den Waitangi Forest bietet die erste klare Sicht auf den Pazifischen Ozean. Über Waitangi und entlang des Kerikeri River führt die Route zur Bay of Islands. Bei Opua erfolgt eine kurze, obligatorische Fährüberfahrt nach Okiato, dem historischen Standort der ersten Hauptstadt Neuseelands. Der folgende Weg schlängelt sich entlang der Bay of Islands, oft auf Küstenpfaden und Stränden mit faszinierenden Felsformationen und Muschelansammlungen. Ein signifikanter Anteil dieser Etappe verläuft jedoch auch über ländliche Straßen und Schotterwege, was physisch wenig abwechslungsreich ist. Diese Straßenmärsche führen durch Farmland mit Weiden und gelegentlichen Kauri-Wäldern. Die Etappe endet in der Region um Whananaki, einem malerischen Küstenort, bekannt für seine lange Fußgängerbrücke über einen Meeresarm. Gezeiten und Mangroven: Whananaki bis Whangaparaoa Der letzte Teil der Strecke ist stark von der Küstennähe geprägt und beinhaltet sowohl herausfordernde Höhenmeter als auch Abschnitte, die von den Gezeiten abhängen. Abschnitte wie der Helena Ridge Track sind steil und erfordern das Überwinden zahlreicher angelegter Stufen, werden aber mit hervorragenden Ausblicken auf das Meer belohnt. Andere Tracks, wie der Mackerel Forest Track, führen durch feuchte, üppige Wälder mit Bächen und dichter Vegetation. Die größte Herausforderung in diesem Abschnitt sind die gezeitenabhängigen Strandpassagen und die Durchquerung von Mangrovensümpfen. Hier muss zwingend bei Ebbe gewandert werden, da die Felsnasen bei Flut unpassierbar sind und die Durchquerung der Mangroven (z. B. bei Patana North) nur bei niedrigem Wasserstand sicher möglich ist. Der Mangrovenschlamm ist oft knietief, tiefschwarz und von intensivem Fäulnisgeruch, was die Wanderung durch das schwere Gelände sehr mühsam macht. Nach Überwindung dieser letzten Hürden führt die Route über Strände und sanfte Hügel in die Region um die Whangarei Heads und weiter bis zum Endpunkt Whangaparaoa. |
08. November 2025: Freundliche Neuseeländer und Nieselregen
Auch wenn die Nacht nicht optimal war, fühlte ich mich heute Morgen überraschend ausgeruht. Ich war die ganze Zeit wach und meinte, ständig die Kiwis rufen zu hören. Ich bin mir sicher, das waren sie! Früh am Morgen, als ich sowieso schon wach lag, lauschte ich dem Gesang eines anderen Vogels – es war wunderschön.
Der Blick auf die Bucht blieb mir wegen des Nebels verwehrt, aber ich wusste, dass es früher oder später besser werden würde. Nach einem schnellen Frühstück packte ich alles zusammen, denn der Plan war, den Riverside Holiday Park früh zu erreichen. Meine Kleidung war dringend reif für die Waschmaschine, es war wirklich nötig.
Los ging es gleich stetig bergauf über einen schmalen Pfad. Früh am Morgen hatte es kurz geregnet, und im nassen Gras wurden meine Schuhe und Beine schnell feucht, aber das war mir egal. Früher fand ich nasse Füße furchtbar, aber hier auf dem Trail ist es normal geworden und macht mir nichts mehr aus.
Als ich den Wald hinter mir ließ, setzte sich der Weg auf Schotter fort, bis ich privates Weideland erreichte. Wir Hiker dürfen hier passieren, obwohl das nicht alle Grundstücksbesitzer gerne sehen. Heute hatte ich Glück und konnte mir einen Umweg sparen. Die Schafe in ihren verschiedenen Farben ließen sich weder von mir noch vom einsetzenden Nieselregen stören.
Kurz darauf lief ich auf einem schmalen, befestigten Schotterweg durch einen kleinen Wald, während der Nieselregen langsam aufhörte. Es ist unglaublich, dieser Wechsel: Eben noch auf der Weide, und jetzt war ich plötzlich von Palmen und Lianen umgeben – was für ein Wahnsinn.
Schon bald befand ich mich auf dem Mangawhai Cliffs Walk, einem Küstenpfad, der mir immer wieder Blicke auf das Meer freigab, wenn die Bäume es zuließen. Der Nebel hatte sich noch nicht komplett verzogen, und die Sonne musste sich erst durchkämpfen.
Der nächste Abschnitt führte mich dann einige Kilometer über den Strand – schwarzer Sand und Muscheln, genau das Richtige für mich. Hier ein Schwätzchen mit einem Hundebesitzer, dort mit einem Angler, und auch Anwohner traf ich reichlich. Diese vielen kleinen Unterhaltungen gehören zu meinem Alltag hier. Die Neuseeländer sind so freundlich, unglaublich sympathisch und offen, das gefällt mir sehr. Bevor ich den Strand verlassen musste, gab es noch einen kleinen Snack zu Mittag direkt am Wasser. Die Möwen sammelten sich gierig um mich, aber für sie gab es nichts ab.
Es war schade, als der Strand endete und ich zurück auf die Straße musste. Einem Gleitschirmflieger habe ich noch eine ganze Weile zugesehen – über dieser Bucht zu fliegen, das würde mir auch gefallen. Die Straße war zum Glück in Ordnung, nicht viel Verkehr und genug Platz für Fußgänger, was hier nicht immer der Fall ist.
Zwischendurch schüttelte ich mir den Sand aus den Schuhen, ich hatte einiges „gesammelt“. Als ich weiterlief, bemerkte ich zuerst nicht, dass die Rufe, die ich hörte, mir galten. Es waren Kate und Julia – aus Neuseeland und Spanien. Mit ihnen und sechs anderen bin ich anfangs auf dem Ninety Mile Beach zusammen gelaufen. Es war eine gute Zeit, aber unsere Geschwindigkeiten sind unterschiedlich. Die beiden waren verletzt und machten gerade eine Pause; Nate wohnt hier in Mangawhei. Später stießen auch noch die anderen aus unserer ursprünglichen Truppe dazu. Ich hoffe wirklich, ich treffe die Gruppe bald wieder.
Das Städtchen Mangawhai selbst war nichts Besonderes. Ich war schnell hindurch und auf der Brücke. Mir fiel nicht sofort auf, dass Muschelbruchstücke in den Gehweg eingearbeitet waren – sehr originell.
Nach der Brücke kam noch einmal ein schmaler Schotterweg, und schon war ich auf dem "Boardwalk" – einem Steg durch die Mangroven. Er wurde 2020/2021 komplett neu von Freiwilligen gebaut, nachdem ein Zyklon den alten zerstört hatte. Es ist wirklich toll, was Freiwillige alles bewirken können.
Danach war es nicht mehr weit. Ich habe jetzt einen schönen Platz am Wasser gefunden, die Wäsche ist wieder sauber, ich habe lecker gegessen und mit den anderen zusammengesessen. Ich wollte das Wifi ausnutzen und habe telefoniert. Dann wurde es aber wirklich Zeit zum Aufräumen der ausgebreiteten Sachen
Nun liege ich schon im Zelt und lausche dem Regen, der auf mein Zelt prasselt Was mir noch einfiel: Ich hatte vergessen, über den lokalen Markt zu gehen! Die Stände wurden zwar schon abgebaut, aber ich bin noch kurz drüber gelaufen. Ein Stand bot frisch gebackenes europäisches Brot an. Der Verkäufer drückte mir eine Tüte in die Hand, und schon hatte ich einen leckeren Donut. Heute Nacht schlafe ich bei Kilometer 471.
Der Trail ist herausfordernd für mich, die ich nun 60 Jahre bin. Es gibt keinen Tag, der ohne Anstrengung verläuft. Höhenmeter gibt es immer, aber alles ist es wert. Neuseeland ist ein Traum, zumindest das was ich bisher gesehen habe. Ich hoffe, ich schaffe den ganzen Weg bis Bluff.
09.November 2025 Riverside Park nach Pakiri Beach (493 km) – Regen, Sonne und Nebel am endlosen Sandstrande
Der Morgen begann nass, denn die Nacht hatte uns ordentlich Regen beschert und auch am frühen Vormittag tröpfelte es noch. Am liebsten wäre ich schon vor Sonnenaufgang losgezogen, doch ich wusste, dass das Wasser in den Flüssen und am Strand wegen der Flut noch zu hoch sein würde. Trotzdem konnte ich es kaum erwarten, den Rucksack zu schultern. Genug vom feuchten Zelt und den schmutzigen Klamotten – ich war bereit für den Aufbruch, auch wenn es bedeutete, eine Weile am Strand warten zu müssen, bis die Ebbe kam.
Wieder einmal führte mich der Weg zuerst über eine Straße. Das war weniger idyllisch, aber zum Glück hielt sich der Verkehr in Grenzen. Mein Blick schweifte über ein riesiges, in diesen Ausmaßen mir bisher unbekanntes, Maisfeld. Eine Abwechslung in der Landschaft! Während die höheren Berge noch in graue Wolken gehüllt blieben, strahlte über mir bereits die Sonne, was für eine feucht-warme Luft sorgte.
Als ich in einen Kiefernwald eintauchte, erhaschte ich schon von Weitem einen ersten Blick auf das Meer. Kurz darauf traf ich auf die anderen Wanderer unserer Gruppe, die gestern eine beachtliche Strecke von 36 Kilometern zurückgelegt hatten, um wieder aufzuschließen. Schwupps, und schon standen wir wieder am Strand, der, wie so oft auf diesem Trail, einfach einmalig war. Das Wasser reichte noch ziemlich hoch und meine Füße wurden schnell nass – aber das war ich ja inzwischen gewohnt und es machte mir absolut nichts mehr aus. Ein schöner Anblick waren die Seevögel, die sich auf einer Sandbank in der Sonne räkelten.
Obwohl die Flut immer noch weit in den Sand reichte, war das Laufen hier ein Traum. Überall lagen Jakobsmuscheln herum – so viele, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte! Am liebsten hätte ich sie gleich säckeweise gesammelt, um mein Muschelglas zu Hause zu füllen. Es war faszinierend, die vielen Muscheln und unsere Spuren im feuchten Sand zu sehen. Der Himmel über dem Meer zeigte sich azurblau mit leichten Schleierwolken, doch der Blick nach rechts über die Dünen offenbarte dicke, graue Wolken. Ich zog es vor, nach links zu schauen und das schöne Blau zu genießen.
Der Strandabschnitt war wirklich traumhaft, besonders am Ende, wo eine Surfschule ihre Boards und Ausrüstung aufgebaut hatte und unzählige Surfer im Wasser waren. Nach einer kurzen Rast folgte ein steiler Aufstieg über einen kleinen, grasbewachsenen Pfad. Von oben bot sich mir ein atemberaubender Blick auf die wunderschöne Küste. Das war wirklich ein Traum.
Da oben, auf dieser Umgehung der felsigen Küste, überraschte mich ein kräftiger Schauer. Ich konnte gerade noch meinen Poncho überziehen. Es ging dann durch ein kleines Wäldchen und über ein kurzes Stück Straße schnell wieder zurück zum Strand. Zum Glück hörte der Regen nur kurze Zeit später wieder auf. Es blieb bei einer heftige, aber kurze Dusche. Der Poncho war schnell getrocknet, konnte verstaut werden, und weiter ging es am nächsten Strand netlang, den wolkenverhangenen Bergen entgegen.
Nachdem wir den Poutawa Stream durchquert hatten, lagen noch einige Kilometer des wunderschönen Strandes vor uns. Die vorgelagerten Inseln verschwanden immer wieder hinter weißen Wolken, die aussahen wie Zuckerwatte. Im nächsten Moment waren sie wieder sichtbar und andere Inseln verborgen.
Nachdem ich den letzten Fluss für diesen Tag durchwatet hatte, lagen noch gut fünf Kilometer bis zur Campsite vor mir. Daraufhin stand ein Anstieg von knapp 400 Höhenmetern auf den letzten zwei Kilometern bevor. Lieber wollte ich heute noch etwas weiterkommen, denn ich wusste, dass auch der morgige Tag anstrengend werden würde. Um mich für die letzten Kilometer zu motivieren, gönnte ich mir an der letzten Möglichkeit ein Eis und eine neuseeländische Limo. Das "kleine Stückchen" würde ich jetzt spielend schaffen! Der eben überquerte Fluss verlief nun zu meiner Rechten, gesäumt von Mangroven. Die Berge hatten derweil schon wieder eine Wolke als Mützchen aufgesetzt.
Das Schild für das letzte Stück wies auf 2,5 Kilometer und 45 bis 60 Minuten Gehzeit hin! Oh Mann, diese letzte Etappe hatte es wirklich in sich! Ich lief direkt in den Nebel hinein, der immer dichter wurde, je höher ich stieg. Ich dachte, es käme kein Ende mehr. Nur das Meer sah ich als schmalen blauen Streifen in der Ferne. Schweißgebadet erreichte ich endlich den höchsten Punkt und war froh, an der Campsite anzukommen – wieso muß die auch so hoch oben liegen?!
Nass geschwitzt und dem Wind ausgesetzt, war es bei der Ankunft etwas unangenehm. Wie gut, dass ich eine Regenhose dabeihatte! Aber ich war heil angekommen. Schnell hatte ich das Zelt unter einer schützenden Pergola aufgebaut, gekocht und gegessen. Das Wetter blieb ungemütlich, windig und kühl. Nach dem Essen und dem Sortieren meiner Ausrüstung war ich froh, in meinem warmen Schlafsack zu liegen.
Meinem Rücken geht es zum Glück gut. Ich habe Zeltnachbarn aus Malaysia, die leider ziemlich laut waren. Ich musste höflich etwas sagen, aber danach herrsch nun Ruhe. Es tröpfelt immer wieder leicht. Ich hofft inständig, dass es morgen trocken sein wird – der nächste Tag wird schließlich auch trocken anstrengend genug werden.
10. November 2025 Nieselregen, Wald und reichlich Höhenmeter
Was für ein Wahnsinnstag liegt hinter mir! Zehn Stunden habe ich für gerade mal 21 Kilometer gebraucht – das sagt wohl alles über die Anstrengung dieses Abschnitts. Nach der langen Küstenwanderung gestern ging es heute tief ins Landesinnere, über zahllose Bergkämme und durch dichten Wald.
Ich merke jeden Tag mehr: Genau das, was ich seit Jahren wollte – eine richtig lange Fernwanderung – habe ich jetzt, und ich liebe es. Je länger ich unterwegs bin, desto besser gefällt es mir, trotz aller Strapazen. Ich hatte es mir anstrengend vorgestellt, aber jeden Tag so intensiv? Das hatte ich nicht erwartet, da habe ich wohl nicht ausreichend recherchiert. Aber egal, ich klopfe mir abends regelmäßig auf die Schulter, wenn ich es wieder geschafft habe.
Der Tag begann, wie der gestrige endete: Alles wolkenverhangen und die fünf Hühner der Besitzerin standen erwartungsvoll vor der Küchentür. Meine Socken vom Vortag hingen noch nass vom Nebel auf der Leine. Wobei: Trockene Socken hätten heute sowieso nicht viel gebracht. Nach den ersten Metern durch knie- und hüfthohes, regennasses Gras waren Schuhe und Socken sofort nass, und bald auch die Hose. Ach ja, und neben meinem Zelt haben zwei Jungens aus Malaysia gezeltet – einer davon hat die ganze Nacht so fürchterlich geschnarcht, da wünscht man sich wirklich ein Zelt mit "Schallschutz".
Um 7:30 Uhr ging es nahe des Pakiri Beach los. Wir hatten etwa zehn Stunden veranschlagt und die haben wir auch gebraucht. Allein für das erste Waldstück brauchten wir drei Stunden, es war ein ständiges Rauf und Runter. Wir machten eine kurze Pause an einem Hubschrauberlandeplatz und hatten sogar ein paar flüchtige Ausblicke auf die Küste. Die Wolken waren aber so schnell, dass man das Panorama wirklich nur kurz genießen konnte.
Nach dem Waldstück kam erfreulicherweise ein Stück Straße und ich war richtig dankbar dafür – das Laufen durch den feuchten Wald war nämlich superanstrengend. Vor dem zweiten Waldstück gab es eine schnelle Mittagspause: ein Wrap mit Käse und Mayo.
Danach ging es richtig los: Alles war rutschig, matschig, steil rauf und runter. Regina und Tino träumten schon von Lasagne, Pizza und Bier. Ich betonte zwar immer wieder, dass es nicht mehr weit sei – war es aber! Der Wald an sich war wunderschön, fast wie ein Urwald. Mystisch bei dem feuchten Wetter, das die Pflanzen, Moose und Flechten sichtlich lieben. Man sah kaum Spuren menschlichen Eingreifens. Ein kleiner Fluss schlängelte sich neben unserem immer schmaler werdenden Pfad. Als wir ihn durchqueren mussten, war es eine willkommene Gelegenheit, die total matschigen Schuhe und Socken abzuspülen.
Am Nachmittag setzte Regen ein, aber im Schutz des Waldes war es erträglich. Später konnte ich kaum noch sagen, ob ich nass vom Regen oder von der Anstrengung war. Wahrscheinlich war es beides. Als wir glücklich aus diesem Waldstück rauskamen, freuten wir uns schon wieder über den Schotterweg – Hauptsache kein Wald mehr! Doch steil ging es bergauf, und da war er wieder, der Wald. Das gleiche Spiel wie den ganzen Tag: Rauf und runter, Matsch und Regen. Wieder betonte ich: "Es ist nicht mehr lange!"
Es war noch lange genug. Als es endlich zum letzten Mal abwärts ging, war ich überglücklich, das Gebäude des Dome Cafés an der Route 1 zu sehen. Leider ist es dauerhaft geschlossen. Aber die netten Besitzer erlauben uns TA-Hikern, hier zu zelten, die Outdoorküche zu benutzen und sogar auf der Holzterrasse oder im Yogaraum zu übernachten. Im Yogaraum campieren heute Nacht 16 Leute – die waren alle schon vor uns hier und haben abgekürzt, indem sie per Anhalter gefahren sind. Wir aber haben es uns nicht nehmen lassen, dieses Teilstück unter diesen Umständen zu erwandern. Trotz der Anstrengung war es eine Bereicherung.
Ich konnte mein Zelt gerade noch aufstellen, bevor ein richtiger Platzregen kam. Die Wiese steht an einigen Stellen unter Wasser, ich bin gespannt, ob es innen trocken bleibt. Nach einer Wäsche mit Waschlappen und heißem Wasser fühle ich mich schon viel besser. Warme, trockene Klamotten an – herrlich. Das war mir lieber als kalt zu duschen.
Morgen geht es weiter – jetzt aber erst einmal eine hoffentlich ruhige Nacht!